Wie's Hexie sieht

# 6: Sternenfeuer

gepostet am 22.06.2020

Heute gibt es noch eine Geschichte. Diesmal von einer ...

Findet es selbst heraus ;-)

 

Viel Freude beim Lesen!

Eure Hexie



"Sternenfeuer"

Ein Schieben, ein Licht - nicht sehr lange - ein Klackern, und dann wieder Dunkelheit. Nur noch der kleine Lichtspalt ganz oben, der kam und wieder verging, kam und wieder verging.
Alles, was sie kannte, war diese kleine Schublade, in der sie lag, das seltene auf und zu, wobei beim "Auf" immer ein helles Licht hereinströmte, und dann wieder Dunkelheit. Sonst nur der kleine Lichtspalt ganz oben am Tag und völlige Schwärze in der Nacht.

Da lag sie also, die kleine, einfache, schlichte Küchenkerze und dachte nach über ihr Leben und ob es noch etwas anderes geben würde als auf und zu und Lichtstrahl und Dunkelheit. Sie fragte sich nach dem Sinn ihres Daseins und ob jemals noch etwas anderes geschehen würde.

Da bemerkte sie einen herrlichen Duft und erinnerte sich an das Klackern von vorhin. Was das wohl gewesen sein mochte? Man konnte ja bei dem hellen Licht bei "Schublade auf" gar nichts sehen, so geblendet war man und in der Dunkelheit erst recht nicht. Aber dieser Duft.
Er war so betörend, roch nach ...
Ja, nach was eigentlich?
Sie kannte diesen Duft nicht und daher hatte sie auch kein Wort dafür, aber der Duft machte ihr Mut und ohne, dass sie wusste warum und wozu sagte die kleine Kerze etwas in die Dunkelheit.
Ein zartes, fragendes: "Hallo?"
Nach einer Weile ein etwas kräftigeres: "Hallo? Ich bin hier in der Ecke. Hallo?"
Und plötzlich, sie erschrak ganz schrecklich, kam eine laute, deutliche, freundliche Antwort, wie ein erfrischender Wasserfall: "Ich bin hier, mein liebes Kind, hier ganz vorne, gerade angekommen. Was tust Du denn da hinten?"
"Man hat mich hier hinten reingeschoben und so wurde ich vergessen und ich liege hier schon so lange und alles, was passiert ist Auf und Zu und Dunkelheit", sagte die kleine Kerze etwas verschüchtert und unendlich aufgeregt, weil endlich etwas passierte, weil sie mit jemandem redete, weil jemand mit ihr redete. Vielleicht würde im diesem kleinen Kerzenleben doch noch etwas anderes geschehen und so fasste sie Mut und sagte: "Ich bin eine kleine Küchenkerze, nur so als Reserve gekauft. Und Du? Was bist Du?"
"Ich bin eine große, dicke Duftkerze in Regenbogenfarben mit ein wenig Glitzer", sagte die Stimme und diese wenigen Sätze waren der Beginn einer innigen Schubladenfreundschaft.

Freilich, die große Kerze lag vorne und konnte glitzern und duften, was die Kleine ein wenig traurig machte, weil sie sich verglich, aber die Gespräche waren so gut und interessant, dass die kleine Kerze ihre Scheu oft vergaß. Das Auf und Zu der Schublade war nicht länger Grund, zu erschrecken und die beiden Kerzen lachten viel zusammen.

Eines Tages wurde die Duftkerze ernst und sagte ganz behutsam: "Kleine Kerze, bald heißt es Abschied nehmen, denn das Fest, für das ich gekauft worden bin, naht. Dann werde ich aufgestellt und angezündet und alle erfreuen sich dann an meinem Licht."
Da wurde die kleine Kerze ganz traurig, weil sie für gar nichts vorgesehen war und wenn die Duftkerze weg sein würde, mit wem sollte sie dann lachen? Aber sie wollte der Duftkerze die Vorfreude nicht verderben und gemeinsam malten sie sich aus, wie das Feuerzeug kommen würde um die große Kerze anzuzünden und sie fragten sich, ob der Moment der Momente im Leben einer Kerze wohl mit einem Zündholz beginnen würde.

Als die Duftkerze abgeholt wurde, wünschte ihr die kleine Kerze viel Glück für ihren großen Auftritt, für den sie geschaffen worden war und es kehrte wieder Dunkelheit ein. In der Stille, die blieb, wurde die kleine Kerze wieder traurig und ihr kleines Wachsherz zog sich zusammen. Dicke Wachstränen flossen aus ihrem Docht.

Am Tag des Festes hörte sie von draußen fröhliche Stimmen und sie musste nur noch stärker weinen.
Da ging jemand an ihrer Schublade vorbei und bemerkte die Wachstränen, die herausgelaufen waren.
So fand man die kleine Kerze, die schon halb heruntergeweint war. 

Von da an ging alles ganz schnell. Ein Licht, ein Blitz, Funken - so hell wie ein Sternefeuer - und ein Gefühl von Wohligkeit und Wärme. Die kleine Kerze war angezündet worden, eine Hand war schützend um ihre Flamme und man trug sie in den Festsaal.

Und da - inmitten der schönsten Blumen - auf dem Tisch, da stand ihre in den herrlichsten Farben glitzernde Freundin und wartete auf ihren Augenblick.
Die kleine Kerze wurde hinübergetragen und durfte ihr Feuer an ihre Freundin weitergeben. Die große Duftkerze wurde durch ihr kleines Licht entzündet und vervielfachte es.

So flackerten sie zusammen auf dem großen Fest, lachten mit den anderen und freuten sich, dass sie leuchten durften.

 

Die kleine Kerze war stolz, so stolz auf sich, denn obwohl sie gedacht hatte, so klein und unscheinbar zu sein, hatte sie das Licht auf das Fest getragen.

Alle hatten sich an dem Licht, das sie gebracht hatte - hell wie ein Sternenfeuer - erfreut und glücklich, unendlich glücklich, lebte sie ihre Bestimmung.


Autor: Angélique Behrens


Ihr Lieben!

 

Ich weiß, dass die Geschichte für eine  Dame geschrieben worden war, die sich viel um andere kümmerte und immer für alle da war. Und sie dachte tatsächlich, sie sei ein zu kleines Licht, um wirklich etwas zu bewegen.

 

Ich hoffe, ihr hattet Freude beim Lesen.

Bis bald.

 

Eure Hexie



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